Hülsen Michael Hauschke Seewald Rechtsanwälte Partnerschaft mbB
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Heranziehung von Altanschließern verfassungswidrig - Bestätigung durch OVG Berlin-Brandenburg
Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat am 11. Februar 2015 (Urteile vom 11.2.2015 - OVG 9 B 43.15 und OVG 9 B 1.16) erneut über Klagen zweier Grundstückseigentümerinnen gegen Anschlussbeitragsbescheide entschieden, die zu Anschlussbeiträgen für die Schmutzwasserkanalisation herangezogen worden waren.
Nachdem diese Klagen zunächst in zwei Instanzen erfolglos geblieben waren, hatte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) die betreffenden Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts aufgehoben und beide Sachen an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen (BVerfG, Beschl. v. 12.11.2015 – 1 BvR 2961/14 und 1 BvR 3051/14). Das BVerfG hatte festgestellt, dass die maßgebliche, zum 1. Februar 2004 in Kraft getretene Änderung des § 8 Abs. 7 Satz 2 Kommunalabgabengesetz (KAG), in den konkreten Fällen den Grundsatz des Vertrauensschutzes verletze. Die Klägerinnen hätten zum Zeitpunkt der Gesetzesänderung darauf vertrauen dürfen, nicht mehr zu einem Anschlussbeitrag herangezogen werden zu können.
§ 8 Abs. 7 Satz 2 KAG lautet:
„Wird ein Anschlussbeitrag nach Absatz 4 erhoben, so entsteht die Beitragspflicht, sobald das Grundstück an die Einrichtung oder Anlage angeschlossen werden kann, frühestens jedoch mit dem Inkrafttreten der rechtswirksamen Satzung; die Satzung kann einen späteren Zeitpunkt bestimmen.“
Dabei ist der Begriff „rechtswirksamen“ erst nachträglich zum 1. Februar 2004 eingefügt worden.
Mit seinen Urteilen vom 11. Februar hat das Oberverwaltungsgericht das Verdikt des BVerfG beachtet und die angegriffenen Bescheide nunmehr aufgehoben.
Inwieweit betroffene Altanschließer in Brandenburg nunmehr ihrerseits bereits entrichtete Anschlussbeiträge zurückfordern können, wird zum einen davon abhängen, ob sie nach den Umständen zu einer Personengruppe gehören, die Vertrauensschutz für sich beanspruchen kann. Zum anderen wird bei bestandskräftigen Bescheiden zu fragen sein, ob eine Rücknahme nach § 12 Abs. 1 Nr. 3 lit. b) KAG i.V.m. § 130 Abs. 1 AO in Betracht kommt.